Aus der NGZ vom 21. Februar 2005
Gute Worte, Blicke und Hände
Kaarst. Er kam, sprach mit den Menschen und es gelang ihm gleich, eine offene, ja geradezu herzliche Atmosphäre bei seinem Besuch im Kaarster Vinzenz-Haus zu schaffen: Erzbischof Joachim Kardinal Meisner zeigte sich gestern bei seiner Visitation im Wohn- und Pflegehaus der Vinzenzgemeinschaft Neuss e.V. an der Wilhelm-Raabe-Straße 7 bestens gelaunt. Er nahm regen Anteil am gelungenen Miteinander von Bewohnern, Pflegekräften und Angehörigen. Dabei ließ der kirchliche Würdenträger aus Köln schnell vergessen, dass sich mancher im Vorfeld seines Besuches die Frage gestellt hatte: "Wie spricht man den Kardinal eigentlich richtig an?"

"Herr Kardinal" war zum zweiten Mal zu Gast im Vinzenz-Haus, das unter der Leitung von Detlef Rath längst zu einer gefragten Einrichtung in der Stadt Kaarst geworden ist. "Vor zehn Jahren habe ich das Haus eingeweiht", schilderte der Erzbischof und freute sich über die rege Teilnahme von Bewohnern, Besuchern und Gästen, die dem Haus seit Jahren eng verbunden sind, an der Andacht im Vinzenzsaal.

Gemeinsam mit Pastor Dr. Kurt-Peter Geertz, Diakon Norbert Schmitz, Kaplan Christian Voßhenrich von der katholischen Kirchengemeinde St. Martinus sowie Pater Dr. Johannes Dammig, dem Seelsorger des Vinzenz-Hauses, zelebrierte der Erzbischof die Andacht. Meisner machte dabei deutlich: "Das Firmenschild am Vinzenz-Haus ist unser Kreuz." Ein Zeichen dafür, dass Gott offene Arme und ein offenes Herz habe – und eine Ermunterung, "ihm bei jeder Begegnung immer etwas ähnlicher zu werden".

Hoher Besuch im Vinzenz-Haus (v.l.): Detlef Rath, Leiter des Vinzenz-Hauses, 
Kaplan Christian Voßhenrich, Erzbischof Joachim Kardinal Meisner, Pater Dr. 
Johannes Dammig, Franz Sprink (Vinzenzgemeinschaft) und Andrea Lißke (HBK).
NGZ-Foto: L. Berns

Das sei ganz einfach, so der Kardinal, denn: "Wir haben alle einen unerschöpflichen Vorrat an guten Worten. Warum gehen wir damit so geizig um? Das gute Wort ist doch der kürzeste Weg zwischen zwei Menschen – eine Brücke vom Ich zum Du." Und er regte die Senioren an, dies schon morgens bei der Begrüßung der Pflegekräfte zu beherzigen. Ebenso unerschöpflich sei der Vorrat an guten Blicken. Meisner: "Schon bei der Morgentoilette sollten Sie darauf achten, das Gesicht mit guten Blicken dekoriert zu haben – denn das Gesicht ist das Schaufenster unseres Herzens." Das dritte göttliche Geschenk seien gute Hände, die man dem Anderen reichen könne. "Jeder hat gute Worte, gute Blicke und gute Hände. Machen wir etwas daraus", so die Aufforderung des Erzbischofs.

Beim gemeinsamen Kaffeetrinken im großen Speisesaal ging Meisner gleich mit gutem Beispiel voran, suchte das Gespräch mit den Seniorinnen und Senioren, erkundigte sich nach ihrem Befinden und ihrem Leben im Vinzenz-Haus. Vom Vorsitzenden des Heimbeirates, Hermann Johnen, wollte er schmunzelnd wissen, wie der gebürtige Aachener seit sieben Jahren "in Kaarst ohne Printen leben" könne.

Besonders interessiert zeigte sich Meisner im Gespräch mit Einrichtungsleiter Detlef Rath am Wohn- und Pflegekonzept des Vinzenz-Hauses, das unter dem Leitsatz steht: "In der Mitte der Mensch". Die Beiden waren sich schnell einig, dass Meisner beim nächsten Mal mehr Zeit für seinen Besuch mitbringen müsse. Mehr wissen wollte der Kardinal auch von HBK-Koordinatorin Andrea Lißke über die Zusammenarbeit der Kaarster Hospizbewegung mit dem Vinzenz-Haus. Viele gute Gründe für ein Wiedersehen, fanden auch Franz Sprink und Dr. Wolfgang Staib vom Vorstand der Vinzenzgemeinschaft Neuss.

Nana G. Wolf

Mit freundlicher Genehmigung der Neuß-Grevenbroicher Zeitung

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