Kaarst.
Steht die Urne der
Verstorbenen bald auf dem Kaminsims der
Angehörigen, werden die Toten nur noch in Tüchern
statt in Särgen begraben? Zum 1. September 2003 war
ein neues Landes-Bestattungsgesetz in Kraft
getreten, zurzeit arbeitet die Stadt Kaarst an einer
Neufassung der Friedhofssatzung. Auf Einladung der
Kaarster Hospizbewegung informierte der Bestatter
Rainer Bückendorf im "Haus der Senioren"
über das neue Bestattungsgesetz und – soweit dies
schon feststeht – über die Umsetzung in Kaarst.
Fest steht folgendes: Künftig sollen auch Tot- und
Fehlgeburten auf dem Friedhof beigesetzt werden
können, ebenso Leibesfrüchte aus
Schwangerschaftsabbrüchen, wenn einer der
Elternteile dies wünscht.
Rainer Bückendorf
ging auch auf die im Ausschuss bereits mehrfach
diskutierten Friedwälder ein: "Wie bei
Seebestattungen muss der Verstorbene zu Lebzeiten
geäußert haben, dass er diese Form der Bestattung
wünscht. In Kaarst wird es wohl – nicht zuletzt
wegen der geringen Waldflächen – keinen Friedwald
geben. Der 36jährige Bestatter wies auf eine
Alternative hin: "In der Schweiz kann man sich
unter einem Baum oder auf einer Almwiese anonym
bestatten lassen – ich habe allerdings noch keine
entsprechende Anfrage gehabt." Entsprechende
Verfügungen müssten so hinterlegt werden, dass sie
auch rechtzeitig zur Kenntnis genommen werden
können. So sollte der Wunsch bezüglich der Art der
Bestattung nicht im Testament vermerkt werden –
wenn dies eröffnet wird, ist es nämlich zu spät,
dem Willen des Verstorbenen zu entsprechen. Wie ist
das mit der Urne zum Mitnehmen? "Der Platz muss
öffentlich zugänglich sein", so Rainer
Bückendorf. Was er nicht nachvollziehen kann: Wird
eine anonyme Urnenbestattung in Kaarst gewünscht,
findet die Beisetzung unter Ausschluss der
Öffentlichkeit, also auch der Angehörigen statt.
Künftig sollen
auch anonyme Erdbestattungen möglich sein.
"Dass eine anonyme Bestattung bislang zwingend
eine Feuerbestattung sein musste, habe ich nie so
recht verstanden", so Bückendorf. In der
Diskussion seien auch teilanonyme Bestattungsfelder:
Hier sollen auf Stelen die Namen der Bestattungen
stehen. Kleidung aus Baumwolle oder anderen
Naturmaterialien müssen es künftig sein, die der
Verstorbene trägt. Ein Reizwort in Zusammenhang mit
dem neuen Landesbestattungsgesetz lautet
"Leichentuch" – es war jetzt auch im
Haus der Senioren ein Thema. "Ich habe eine
solche Beerdigung noch nie praktiziert",
gestand Reiner Bückendorf. Sabine Kühl, Mitglied
des Umwelt- und Landschaftsausschusses, beschrieb:
"Der Verstorbene soll im Sarg bis zum Grab
gebracht werden – dann wird er von
Familienangehörigen aus dem Sarg geholt und ins
Grab gelegt."
Wenn schon mal ein
Bestatter als Gesprächspartner zur Verfügung
steht, müssen auch ausgefallene Fragen erlaubt
sein: "Ist nach 25 Jahren der Schädel nicht
schon verrottet?", wollte jemand wissen.
"Teile des Schädels und der
Oberschenkelknochen werden nach dieser Zeit noch
erhalten sein", so Bückendorf. Wenn jemand
eine Grabstätte kauft und noch Knochenreste
vorgefunden werden, werden diese – so erfuhren die
Zuhörer – nicht aus dem Grab entfernt, sondern
"tiefergelegt".
Rudolf
Barnholt
Mit freundlicher
Genehmigung der Neuß-Grevenbroicher Zeitung |